25 Jahre Herausforderungen

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Die Bautafel - hier entsteht ein neues Gemeindezentrum für unseren Ort

Heute vor fast genau 25 Jahren hat der erste Gottesdienst der FeG in Bad Schönborn stattgefunden. Viele, die damals dabei gewesen sind, können sich noch gut an die Anfangsjahre erinnern: die Gottesdienste im Haus der Konkordia, die zunehmende Anzahl der Gottesdienstbesucher und insbesondere der Kinder, die sich im Kindergottesdienst tummelten und wohl fühlten, die Musiker, die zunächst aus Heidelberg als Unterstützung zu uns kamen, bevor wir selbst ein immer größer und besser werdendes Musikteam aufgebaut haben. Und natürlich die vielen tollen Menschen, die nach und nach zur Gemeinde gefunden haben, die Arbeitsbereiche aufgebaut und geleitet haben, die viele neue und gute Kontakte in den Ort und in die umliegenden Gemeinden schließen konnten. Irgendwann reichte der Platz in der Konkordia nicht mehr aus und so haben einige Mutige damals vorgeschlagen, doch ein neues Gemeindehaus in Angriff zu nehmen – und nach und nach wurde aus der verrückten Idee ein konkretes Vorhaben mit einem Bauausschuss, einem Architekten, einem Bauunternehmer und vielen Ideen und Hoffnungen. 2005 wurde das neue Haus feierlich eingeweiht. Inzwischen ist der „blaue Würfel“ gegenüber der Michael Ende Schule fester Bestandteil von Bad Schönborn – immerhin ist er auch schon fast 20 Jahre alt!

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Beten vor dem Gottesdienst auf dem Dachboden vom Konkordia
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Wir beschließen den Bau des Gemeindehauses

Natürlich lässt sich eine 25-jährige Geschichte im Rückblick als Erfolgsgeschichte erzählen, bei der immer alles richtig gelaufen ist und bei der das „happy end“ von Anfang an klar gewesen ist. Aber das stimmt nicht und es beschönigt eine Wahrheit, die eben auch eine bittere Rückseite hat. In den 25 Jahren gab es Rückschläge, Krisen, schwierige Situationen und nicht immer sind die klügsten Entscheidungen gemeinsam getroffen worden. Wollen Sie ein paar dieser Krisen-Geschichten hören? Sie sind spannend und lehrreich.

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Verabschiedung von Pastor Weidemann

Pastor Fritz Weidemann hatte uns für drei Jahre als „50%-Pastor“ zugesagt. Nach nicht einmal zwei Jahren gab es eine schwere Krise in der FeG Heidelberg und er meinte, sofort vollständig dort präsent sein zu müssen. So standen wir von heute auf morgen zwar mit einem motivierten Team, aber ohne Pastor da – und Pastor Fritz Weidemann war mit seiner den Menschen zugewandten Art und seinen inspirierenden Predigten unser „Zugpferd“ und der Einzige von uns, der mit dem Aufbau einer Gemeinde Erfahrung hatte. Wollen wir weiter machen oder war’s das? Geht es „ohne Fritz“ überhaupt weiter? Das waren ganz konkrete Fragen, zu denen wir Stellung nehmen mussten, ohne zu wissen, welche Konsequenzen unsere Entscheidung hat. „Krise ist Kritik am Status Quo“, hat einmal jemand gesagt – und genau so haben wir es empfunden. Der Status Quo war unhaltbar geworden, obwohl wir uns das alle anders gewünscht hätten. Wir entschieden uns zum Weitermachen – und nach einigen Monaten der Suche fanden wir mit Volker und Esther Nieland ein Ehepaar, das wir uns gut als neues Pastorenehepaar vorstellen konnten und die tatsächlich gerne unser Angebot annahmen, in Bad Schönborn zu leben und zu arbeiten.

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Die ersten Wände werden aufgestellt

Interesse an einer weitere Krisen-Geschichte? Also gut: Wir waren mitten im Bauprojekt, und um die Finanzierung zu sichern, war viel Eigenleistung zu erbringen. Unter anderem sollten die in Holzständerbauweise errichteten Wände mit Rigips-Platten beplankt werden. „Das machen wir selbst!“, so dachten und entschieden wir. Als es soweit war, belehrte uns allerdings der Statiker, dass die Beplankung der Wände mit großflächigen Rigipsplatten zu erfolgen hat. Diese riesigen Platten kann man ohne Gerätschaften nicht bewegen – und schon gar nicht an einer senkrechten Wand aufstellen und befestigen. Wir waren ratlos und uns lief die Zeit davon. Die „Kritik am Status Quo“ war deutlich zu hören: Wir hatten uns naiv überschätzt und es gab keinen Plan B, wie es weiter gehen konnte. Es war zum Verzweifeln! „Der ist ein kluger Mann, der sein Haus nicht auf Sand baut!“, hatte Jesus in einem Gleichnis gesagt – und wir hatten unser Haus auf dem Treibsand unserer Ahnungslosigkeit erbauen wollen. Wie sollte es nun weiter gehen?

Wie so oft kam die Lösung von einer Seite, an die niemand von uns gedacht hatte. Eine Fabrikhalle für Fertigbauteile stand in Produktionspausen leer, und der Inhaber bot uns an, die Maschinen nach einer Einarbeitungszeit für das Beplanken der Wände zu nutzen, um dann von der Firma die bereits mit Rigips beplankten Wände aufstellen zu lassen. Und so konnte ein kleines Team in dieser Halle mit großer maschineller Unterstützung alle Wände fertig stellen und die Baufirma stellte diese fertigen Wände dann zu unserem Haus zusammen. Im Rückblick hätten wir ohne diese Montagehalle und die Unterstützung niemals unser Haus fertigstellen können. Aus dem Treibsand unserer Ahnungslosigkeit wurde doch noch ein festes Fundament …

Wenn man die Geschichte der FeG der letzten 25 Jahre erzählt, fallen einem viele Krisen ein, die mehr oder weniger gut gemeistert worden sind. Dieser Artikel erscheint nach einer Woche, in der in den USA Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA gewählt wurde und in der die Ampel-Regierung sich selbst abgeschaltet hat. Als eine „wilde Woche“ hat das jemand bezeichnet, und wer wollte widersprechen? Krieg in der Ukraine, im Libanon, im Gaza-Streifen, Hetzjagden auf jüdische Fußballfans in Amsterdam, verheerende Unwetter, verschwindende Tiere und Pflanzen – Krisen sind allüberall. Vielleicht sind Krisen ja auch ein möglicher Treiber von Fortschritt und Entwicklung?

Wir sind im Rückblick dankbar für die letzten 25 Jahre, für viele Menschen, die in der Gemeinde einen Platz gefunden haben, um ihren Glauben zu finden und zu vertiefen und um ihr Leben auf das feste Fundament Jesus Christus zu bauen. Und wir sind gespannt auf die nun vor uns liegende Zeit – auf die guten und die schweren Zeiten, auf die guten Zeiten und auf die Krisen-Zeiten. In einem Telefonat mit seinem langjährigen Freund, in dem es um die kritische Weltlage ging, sagte der Theologe Karl Barth: „Nur ja den Kopf nicht hängen lassen! Es wird regiert!“ Dieser Satz ist zu seinem Vermächtnis geworden. Es ist der letzte von ihm überlieferte Satz vor seinem Tod. Bei allen Krisen gilt der Satz auch uns: Nur ja den Kopf nicht hängen lassen. Es wird regiert!

  ((MV))