Gemeinde-Gesichter – Matthias Vering

Lieber Matthias, was war dein persönlicher Höhepunkt zu Weihnachten?
Petra und ich sind in diesem Winter mit zwei weiteren Enkeln beschenkt worden. „Ein Kind ist uns geboren!“ bekommt da für uns eine ganz andere Bedeutung! Mein persönlicher Weihnachts-Höhepunkt war der festliche Gottesdienst am 2. Weihnachtstag und darin besonders das instrumentale Klavierstück, das uns alle begeistert hat.
Was wünschst du dir für 2025?
Ich wünsche mir das, was sich wohl alle von uns wünschen: dass unsere Kinder und Enkel einmal in einer Welt leben können und dürfen, die lebenswert und sicher ist. Und dazu müssen wir heute Lebenden die Weichen richtig stellen.
Hast du den Eindruck, die Weichen werden gerade richtig gestellt?
Nein, leider nicht. Regierungen zerbrechen und die sogenannte Mitte bekommt es nicht hin, sich vernünftig zusammenzuraufen. Die Putins, Trumps, Kickls und Orbans bestimmen das Geschehen, und sie haben erschreckend viele Wähler und Unterstützer. Und wir bekommen mit immer mehr Aufwand immer weniger hin. Unsere Kinder werden uns einmal zu Recht kein gutes Zeugnis ausstellen für unsere Weisheit, mit der wir die Welt für sie gestaltet haben.
Lass uns ein bisschen zurückblicken auf dein Glaubensleben und dein Gemeindeleben. Wie hast du Jesus kennengelernt?
Ich war Messdiener im katholischen Vechta. Ein junger Kaplan fing dort in der Pfarrei an und er machte alles anders, als ich es wohlgeordnet katholisch gewohnt war. Er eckte oft an bei seinen Kirchenoberen und auch bei den gestandenen katholisch sozialisierten Menschen. Aber ich mochte ihn und er machte mich neugierig, warum er so erfrischend anders war. Und so lernte ich durch ihn nach und nach, dass es im christlichen Glauben nicht um Rechtgläubigkeit, Moral oder Weltanschauung geht, sondern um eine Person: Jesus Christus. Dieser Jesus hat mich in seine Nachfolge gerufen – und er tut das übrigens heute noch und immer wieder.
Du und deine Frau Petra, ihr seid zusammen auf dem Weg, nicht nur auf dem gemeinsamen Eheweg, sondern auch auf dem Weg, Jesus besser kennenzulernen und im Glauben zu wachsen. Was ist für euch besonders wertvoll aneinander?
Das ist schwer zu erklären, weil das Wunder der Liebe zwischen zwei Menschen wohl auch immer ein Geheimnis bleibt. Vielleicht ist ein Teil dieses Geheimnisses, dass wir uns bei aller Routine immer noch überraschen können? Oder dass wir uns aufeinander verlassen können und zusammen ein ganz gutes Team sind? Aber du merkst – ich kann es nicht wirklich sagen.
Du bist in der FeG Bad Schönborn von Anfang an dabei. Magst du ein paar Erinnerungen mit uns teilen?
Ja, gerne! Die FeG Bad Schönborn sollte gegründet werden – und parallel dazu hätte ich eine Arbeitsstelle bei SAP in Palo Alto in den USA antreten können. Was machen wir nun? Wollen wir das Abenteuer USA und Silicon Valley oder das Abenteuer Gemeindegründung wählen? Wir haben damals die Gemeindegründung gewählt und sind hier geblieben. Ich denke, wir haben es gut und richtig gemacht!

Als dann die Gemeindegründung Wirklichkeit wurde, hat unser Sohn Jonathan mit seinen stolzen 3 Jahren „Eröffnungs-Gottesdienst“ gespielt: Alle seine Duplo-Figuren mussten sich dazu in unserem Wohnzimmer versammeln. Das war eine recht stattliche Versammlung. Petra stellt fest: „Oh, da ist ja sogar ein Häuptling mit großem Federschmuck dabei!“ Unser Sohn klärt sie mit großer Selbstverständlichkeit auf: „Mama, das ist doch Fritz Weidemann!“ Pastor Fritz Weidemann hat immer wieder herzhaft über diese kindliche Zuordnung gelacht!
Du gehörst zu den Urgesteinen der Gemeinde oder Neudeutsch den Boomern. Du gehst beruflich aufs Rentenalter zu. Was sind die Herausforderungen dieses Lebensabschnittes?
Das ist eine gute Frage und die Antwort finde ich gerade erst heraus. Ich merke, wie ich Loslassen und Abgeben lernen muss. Die Kreise werden kleiner und was früher einfach und leicht war, ist inzwischen manchmal kompliziert und schwer. Ich merke, wie dankbar ich für unsere Kinder, Schwiegerkinder und Enkel bin. Ein Freund, der etwas vor uns Opa geworden ist, sagte mir einmal: „Man soll die Kinder unterstützen und die Enkel verwöhnen!“ Das hat uns alles in Allem eingeleuchtet und so wollen wir es halten.
Die neue Jahreslosung sagt: Prüfet alles und das Gute behaltet. Was ist das Gute, das du behalten möchtest? Im Gemeindeleben, aber auch in deinem persönlichen Älterwerden?
Behalten möchte ich die guten Beziehungen zu anderen Menschen. „Wer nicht Mitmensch ist, ist Unmensch!“, sagte ein Theologe einmal. Ich glaube, er hat recht und ich glaube, dass hier die Prüfung auf die richtig gestellten Weichen ansetzt, von denen wir am Anfang gesprochen haben. Wo wir das Mitmenschliche, das Anständige, das Versöhnliche nicht stärken, da gewinnt das Unmenschliche, das Unanständige und das Unversöhnliche. Wenn wir andere Menschen als Mitmenschen haben und wenn wir anderen Mitmensch sind, dann ist die Richtung des Lebens stimmig und die Weichen sind gut gestellt.
Die Losung bedeutet aber auch, dass wir Dinge hinter uns lassen werden und Neues wichtig werden darf. Was lässt du los und was möchtest du willkommen heißen?
Was für eine schöne Frage! Wenn es mir gelingt, mich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen und neugierig zu bleiben auf andere Menschen – mit den Enkeln und der eigenen Familie angefangen, dann kann es gut werden. Dazu gehört auch: immer wieder am Anfang anfangen und nicht „fertig“ sein wollen. Mit Petra zusammen möchte ich noch manche gute Freundschaft pflegen und vertiefen, die uns bereichert. Und wir wollen noch manches neue Land erkunden. Dankbar sein für das, was war, neugierig sein auf das, was kommt und dabei ganz in der Gegenwart leben.
(Die Fragen stellte Birgit Bernhardi)