Karfreitag hat nicht das letzte Wort
Karfreitage mag ich nicht besonders. Doch heute passt’s: Ich bin selbst “karfreitagig”. Stille tut gut. Raum für Traurig-Sein. Karfreitag - Begegnung mit Leid und dem Bösen. Weichen wir dem nicht viel lieber aus? An Karfreitag geht es mitten hinein. Für uns Gottesdienst-Besucher nur emotional. Für Jesus damals in noch unvorstellbar viel tiefere Dimensionen.
Im Gottesdienst-Saal herrscht eine besondere Atmosphäre: Wir sitzen im Oval, Musik gibt es heute nur unplugged. Das Eingangslied trifft ins Herz: „Herr, deine Liebe ist so groß, dass ich sie nie begreifen kann“. In Lesungen werden wir hineingenommen in das Geschehen damals. Parallel dazu entsteht in Kreuzform ein Bodenbild: Brot und Kelch für das Passahmahl, Lederriemen für die Gefangennahme im Garten Gethsemane, ein Krug mit Wasser, in dem sich Pilatus die Hände „in Unschuld“ wäscht, Purpurmantel und Dornenkrone und schließlich das Kreuz.
An welcher Stelle der Geschichte käme ich vor? Gehöre ich zu denen, die Jesus verhöhnen und verlachen? Bin ich der, der seine Hände in (vermeintlicher) Unschuld wäscht? Stelle ich Bedingungen an Jesus?
Das Kreuz Jesu ist schwer. Ein Korb mit Steinen geht herum. Wir sind eingeladen, einen herauszunehmen, eine Fürbitte für sich selbst oder andere zu sprechen (laut oder im Stillen) und dann den Stein beim Kreuz abzulegen. Will ich meine Last weiter mit mir herumschleppen? Oder überwinde ich meinen Stolz und mache mich auf zum Kreuz? Es zu tun, ist befreiend…
Der Gottesdienst schließt mit dem gemeinsamen Abendmahl. Brot und Wein werden dabei weitergereicht mit den Worten: „Jesus hat es für dich getan.“
[Wer tiefer ins Thema einsteigen möchte, dem sei der Vortrag „Warum das Kreuz?“ von Dr. Johannes Hartl (YouTube, Podcast) empfohlen.]
Wie gut, dass Karfreitag nicht das letzte Wort hat: An Ostern wird Auferstehung gefeiert! Zum Feiern gehört Schmausen, und das tun wir zusammen am Ostersonntag-Morgen mit einem fulminanten Frühstück. Wunderbar, auch neue Gesichter zu entdecken. Anschließend feiern wir Gottesdienst, bunt gestaltet von Personen verschiedenster Generationen.
Thematisch geht es um die Emmaus-Jünger: Sie sind unterwegs von Jerusalem nach Emmaus, voller Enttäuschung. Sie hatten gehofft, dass die Sache mit Jesus gut gehen würde; es kam anders. Doch dann kommt das Erkennen: Sie sind ja gar nicht alleine unterwegs, der auferstandene Jesus ist mit dabei. Auch als sie es noch gar nicht bemerkt hatten, war Jesus schon mit auf dem Weg! Die Freude darüber lässt sie nach Jerusalem umkehren. Dort erzählen sie es anderen: Jesus ist nicht mehr tot, er lebt und wir haben ihn erfahren!
Das Erleben der Emmaus-Jünger greift ein Lied, von einigen Kindern der Gemeinde vorgetragen, auf. Dort heißt es: „Wo ich bin, bist du [Gott], denn du bist über mir, unter mir, neben mir, rechts und links, vor mir, hinter mir und sogar in mir drin.“
Das Ostergeschehen ist gedanklich schwer zu fassen. Aber wie wäre es, sich mal von Gott herausfordern zu lassen: „Tu doch mal so, als ob’s mich gibt.“ (Sp)